Drei Fragen an CRIC-Vorstand Michael Diaz

„Die Finanzmarktrationalität wird für ethisch-nachhaltige Fragestellungen aufgebrochen“

Michael Diaz ist Mitglied der Geschäftsleitung bei der Alternativen Bank Schweiz (ABS) und gehört seit 2014 dem Vorstand von CRIC an. Inwiefern die Erfahrungen aus seinem hybriden Werdegang für seine heutigen Tätigkeiten wichtig sind, wie die ABS mit der Frage nach dem Wirkungspotenzial nachhaltiger Anlagen umgeht und warum Engagement als eine Pflicht von verantwortungsbewusst Investierenden angesehen werden sollte, erklärt er in der Newsletter-Rubrik Drei Fragen an.

Herr Diaz, während Ihrer beruflichen Laufbahn haben Sie das Innenleben einer Großbank genauso kennengelernt wie spezialisierte Nachhaltigkeitsanbieter. Sie studierten sowohl Ökonomik als auch angewandte Ethik. Inwiefern beeinflussen diese unterschiedlichen Hintergründe und Erfahrungen Ihre heutige Arbeit als Mitglied der Geschäftsleitung bei der ABS?

Wenn ich meinen Werdegang erläutere, dann bezeichne ich ihn oftmals als hybrid. Ich kann sowohl konventionell als auch erneuerbar. Beide Hintergründe benötige ich heute in meiner Arbeit bei der ABS. Sie wird durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht als Bank beaufsichtigt, für einen großen Teil meiner Tätigkeit benötige ich daher das konventionelle Führungs- und Bankhandwerk. Beispielsweise als es darum ging, unseren ersten Anlagefonds zu lancieren. Gefragt waren Kenntnisse der rechtlichen Voraussetzungen sowie Projektleitungserfahrung. Die ABS ist jedoch keine gewöhnliche Bank. Unsere Mission ist es, unsere Kundinnen und Kunden zu befähigen, Verantwortung für ihr Geld zu übernehmen, um damit zu einer lebenswerten Welt nachhaltig beizutragen. Hier braucht es ethisch-kritisches Reflexionspotential, Nachhaltigkeitsexpertise und einen gut geeichten, zuverlässigen moralischen Kompass. Ohne dieses Rückgrat hätten wir uns nicht getraut, unseren neuen Anlagefonds mit der durchaus provokanten Ansage Das Label sind wir zu versehen. Diese hybriden Erfahrungen versuche ich auch in meiner Arbeit im Vorstand von CRIC einzubringen, wo wir mit kritischem Blick an der Schnittstelle von Ethik und Finanzmarkt agieren.

Als Verantwortlicher für das Anlagegeschäfts befassen Sie sich auch mit Fragen der Wirkung ethisch-nachhaltiger Investments. Welche Investments oder Anlagestrategien sind aus Ihrer Sicht hierfür besonders vielversprechend? Und umgekehrt gefragt: Sehen Sie an einigen Stellen die Tendenz, das Wirkungspotenzial nachhaltiger Anlagen zu überschätzen?

Wir wissen über das Wirkungspotenzial nachhaltiger Anlagen schlicht zu wenig. Die Branche hat es über Jahre hinweg versäumt, über Anekdoten hinausgehende Aussagen zur Wirkung nachhaltiger Anlagen zu machen. Erst mit dem Aufkommen von Impact-Anlagen sowie den UN-Nachhaltigkeitszielen haben sich Anbieter vermehrt Gedanken dazu gemacht. Die Frage der Wirkung ist zugegebenermaßen eine schwierige. Bei der ABS unterscheiden wir hinsichtlich der Wirkung einer Geldanlage zweierlei. Erstens, den Beitrag eines Emittenten zu einer nachhaltigen Entwicklung. Hierzu wenden wir in unserer Analyse rund 200 Kriterien an. Zweitens, den Geldfluss. Nur wenn das Geld der Kundschaft direkt einem Verwendungszweck zukommt, sprechen wir von direkter Wirkung. Unsere Impact-Anlagen, die wir in unserer Vermögensverwaltung ausgewählt und gebündelt haben, erfüllen beide Voraussetzungen. Ich halte diese Anlagestrategie mit Blick auf das Wirkungspotenzial für vielversprechend. Das große Interesse unserer Kundschaft bestätigt uns darin.

Kürzlich hat die ABS bekanntgeben, sich dem europäischen Netzwerk institutioneller Investoren Shareholders for Change angeschlossen zu haben. Ist Engagement nach Ihrer Einschätzung eine Möglichkeit, Nachhaltigkeit zu fördern, die künftig stärker genutzt werden sollte als bislang?

Ich halte Engagement nicht nur für eine Möglichkeit, sondern für eine Pflicht eines verantwortungsbewussten Anlegenden, um Einfluss auszuüben. Nebst strengen Ausschlusskriterien zeigt sich im Engagement das, was eine nachhaltige Anlage überhaupt erst ausmacht: Die Finanzmarktrationalität wird für ethisch-nachhaltige Fragestellungen aufgebrochen. Erst dadurch wird der Primat der Ethik ermöglicht. Allerdings sollte man sich meines Erachtens zum Wirkungspotenzial keinen Illusionen hergeben. Das passende Sprichwort dürfte hier wohl lauten: Steter Tropfen höhlt den Stein. Bei der ABS haben wir das Kapitel Engagement mit dem neuen Anlagefonds gerade erst aufgeschlagen. Unser Beitritt zu Shareholders for Change zeigt aber, dass wir dieses Kapitel ernst nehmen und wir gewillt sind, uns zu engagieren. Bei CRIC stellt das Engagement schon seit vielen Jahren eine tragende Säule der Vereinstätigkeit dar. An dieser Stelle kann die ABS von CRIC einiges lernen.

Weitere Informationen zu Michael Diaz und den anderen Mitgliedern des CRIC-Vorstands gibt es hier.

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