Millionen-Boni sind ethisch bedenklich

Millionen-Boni sind ethisch bedenklich.
Studie über Spitzenverdiener. Fünf Fragen von Christoph Rind an Klaus Gabriel im Hamburger Abendblatt.

 Dr. Klaus Gabriel, 44, Wirtschaftsethiker, Geschäftsführer von CRIC, der „Investorengemeinschaft zur Förderung ethischen Investments“

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    1. Hamburger Abendblatt: In Deutschland bekommen Topmanager, vor allem in der Auto- und Pharmabranche, wieder höhere Boni bezahlt. Sollten die ein schlechtes Gewissen dabei haben?

      Dr. Klaus Gabriel:
      Nicht unbedingt. Wichtig ist, dass eine erträgliche Relation gewahrt bleibt zwischen dem, was Manager, und dem, was ihre Mitarbeiter verdienen. Bis in die 90er-Jahre hat ein Manager etwa das 30-Fache bekommen von dem, was seine Beschäftigten im Schnitt erhielten. Inzwischen sind wir beim 50- bis 300-Fachen. Das ist aus ethischer Sicht eine bedenkliche Entwicklung. Mit Verteilungsgerechtigkeit hat das nichts mehr zu tun.

    2. Halten Sie Boni generell für ethisch bedenklich?

      Gabriel: Nein, als Leistungsanreize halte ich Boni nicht für problematisch. Unethisch werden sie erst, wenn sie systemische Risiken befördern. Das ist der Fall, wenn ein Boni-Empfänger ungerechtfertigte Risiken eingeht, um höhere Boni zu bekommen.
                                  
    3. Wenn in Krisenzeiten weniger ausgeschüttet wird, ist es doch nur gerecht, dass die Boni in Boomzeiten wieder steigen, oder?

Gabriel: Das Problem ist, dass Manager oft nicht in die Haftung für schlechtere Zeiten einbezogen werden. Am wichtigsten ist aber, wofür man Boni bekommt. In der Regel geht es um Größen wie Umsatz, Marktanteile oder den Gewinn. Besser wäre es, wenn man andere Leistungsanreize schaffen würde, zum Beispiel das Erreichen von Sicherheits- oder Umweltstandards, auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter oder die Fluktuation. Wenn Beschäftigte ständig kommen und gehen, ist das kein gutes Zeichen für das Management.

  1. Führt der Druck des Marktes nicht zu Boni-Zahlungen?

    Gabriel:
    Nicht der Markt schafft die Vereinbarungen, sondern die Manager schaffen sie unter sich, etwa über Aufsichtsräte. Da sehe ich einen Fehler im System. Es gibt zwar einen gewissen Druck, der aber künstlich verstärkt wird, um gigantische Gehälter durchzusetzen. Keine Leistung der Welt kann einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr wert sein, wenn man vergleicht, wie anstrengende Jobs in Pflege oder Bildung entlohnt werden.
  2. Sind Boni-Zahlungen eine moderne Metapher für Neid und soziale Unterschiede?

    Gabriel:
    Die Größenordnungen kann man nicht mehr auf eine Neiddebatte schieben. Es geht darum, dass unsere Gesellschaft auseinanderdriftet. Dagegen könnte der Staat Regularien einsetzen und die Einkommenssteuer massiv erhöhen. In den USA gab es bis in die 70er-Jahre Spitzensteuersätze von 90 Prozent. Auch bei uns wurden sehr hohe Einkommen früher höher besteuert.
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