Technical Expert Group mit branchennaher Besetzung – Wissenschaft kaum repräsentiert

Die Organisationen und Persönlichkeiten, die in der Technical Expert Group (TEG) die EU-Kommission dabei unterstützen sollen, deren Aktionsplan zu Sustainable Finance umzusetzen, stehen fest: 32 Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, Verbänden und Organisationen sowie drei Fachleute, die sich als Einzelpersonen einbringen, hiervon eine explizit für die Bereiche Pensionsfonds und Asset Management, sind am 13. Juni 2018 bekannt gegeben worden. Die TEG-Mitglieder sind nun mit der Aufgabe betraut, Konzepte und Lösungen für folgende Bereiche zu erarbeiten:

  1. EU-Taxonomie für ökologische und nachhaltige Aktivitäten
  2. EU Green Bond-Standard
  3. Kategorie von Low Carbon-Indizes für die Nutzung durch Asset- und Portfoliomanager als eine Benchmark für Low Carbon-Strategien
  4. Metriken, um die Offenlegung von klimarelevanten Informationen zu verbessern

Zwei Drittel der Akteure repräsentieren die Wirtschaft 

Dabei fällt die Besetzung – was kaum überraschen kann – sehr branchen- und wirtschaftsnah aus: 23 Akteure (65%) sind der Wirtschaft zuzurechnen – darunter Finanzakteure, Verbände und Unternehmen –, sieben Mitglieder der Zivilgesellschaft (20%), drei dem Bereich Research bzw. Beratung (9%) und zwei sind als Einzelpersonen (6%) ohne konkretes Mandat für ein bestimmtes Gebiet benannt worden. 

Unter den 23 Wirtschaftsakteuren finden sich 14 aus der Finanzbranche, darunter Versicherungen, Banken, Vermögensverwalter und Börsen. Ein ausgewiesener Nachhaltigkeits-Akteur ist – abgesehen von dem französischen Anbieter Mirova, einem zu Nataxis gehörenden auf nachhaltige Investments spezialisierten Vermögensverwalter – weder im Banken- noch im Dienstleistungs- oder Datenbereich vertreten. Es sind keine Nachhaltigkeitsbanken und keine Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen in der TEG vertreten –  MSCI ist für die Kategorie Index Provider benannt worden. Auch auf Verbändeebene fehlen entsprechende Organisationen. 

Zivilgesellschaftliche Organisationen mit starkem Klimafokus

Mit Blick auf die Zivilgesellschaft dominieren wenig überraschend Akteure, die sich vornehmlich auf das Thema Klimawandel spezialisiert haben – CDP, die Climate Bond Initiative und Climate KIC – gefolgt von den beiden breit aufgestellten und als relativ wirtschaftsnah einzustufenden internationalen Organisationen PRI und GRI. Als einzige Umweltorganisation ist der WWF dabei und als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger Finance Watch. 

Wissenschaft ist kaum repräsentiert

Besonders auffällig ist der geringe Anteil zumindest wissenschaftsnaher Organisationen. Vertreten sind in der Kategorie „Research“ nur drei Akteure: Das auf den Klimawandel spezialisierte Beratungsunternehmen Carbone 4, der Think Tank WiseEuropa aus Warschau, der sich mit den Themen Europa- und Außenpolitik sowie Wirtschaft beschäftigt, und das Green Finance Cluster, das durch den Zusammenschluss mit der Accelerating Sustainable Finance Initiative der Deutschen Börse mittlerweile in Sustainable Finance Cluster Germany umbenannt worden ist. Auch hierbei handelt es sich nicht im eigentlichen Sinne um eine Wissenschaftsorganisation. Das Sustainable Finance Cluster Germany ist auf Initiative des Hessischen Finanzministeriums und der Deutschen Börse entstanden und damit eher als politische Initiative einzustufen, die von führenden Finanzmarktakteuren als Sponsoren getragen wird. 

Der Bereich der Universitäten ist damit direkt ausschließlich über Andreas Hoepner repräsentiert, der als Einzelperson in die TEG berufen ist und als Professor of Operational Risk, Banking & Finance an der Michael Smurfit Graduate Business School und der Lochlann Quinn School of Business of University College Dublin (UCD) tätig ist. 

Gesamtbewertung: Mangel an Wissenschafts- und umfassender Nachhaltigkeitsexpertise

Insgesamt ist festzuhalten, dass sowohl ausgewiesene Nachhaltigkeitsakteure aus dem Finanzbereich – hierbei insbesondere Investorenvertreter und Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen – und der Wirtschaft insgesamt als auch wissenschaftliche Organisationen in der TEG fehlen. Dies wäre aber im Hinblick auf die Aspekte Qualität und Unabhängigkeit von großer Bedeutung gewesen. Zu bemängeln ist auch, dass im zivilgesellschaftlichen Bereich keine Organisation benannt wurde, die soziale und menschenrechtliche Themen kompetent einbringen kann. 

Sicherlich ist der Fokus auf spezialisierte Klima-Organisationen vor dem Hintergrund er Aufgabenstellung verständlich. Allerdings muss hier Zweierlei berücksichtigt werden: Zum einem ist der verengte Blick auf den Klimawandel – zweifelsohne ein sehr drängendes Thema – vor dem Hintergrund weiterer, ebenso drängender europäischer und globaler Herausforderungen an sich problematisch. CRIC hatte dies zusammen mit anderen Organisationen in einem offenen Brief und in einer Kommentierung des EU-Aktionsplans kritisiert. Zum anderen sind auch hinsichtlich der TEG-Themenstellung Wechselwirkungen zu sozialen und menschenrechtlichen Themen relevant und damit zu berücksichtigen. Im März hatte sich ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parlamentariern für ein „menschenrechtliches Mandat“ der TEG stark gemacht. Es scheint, als habe diese Forderung kein Gehör gefunden. 

Auf ein gutes Gelingen

Die TEG wird sich bereits im Juli 2018 das erste Mal treffen und voraussichtlich bis Ende Juni 2019 – mit einer möglichen Verlängerung bis Ende 2019 – zusammenarbeiten. Die Besetzung der TEG ist bestimmt kein totaler Fehlgriff, aber es stellt sich die Frage, warum auf die Expertise aus Wissenschaft und nachhaltiger Finanzwirtschaft verzichtet wurde. Denn damit werden gerade jene Akteure nicht einbezogen, die das Thema des nachhaltigen Finanzmarktes über Jahrzehnte entwickelt haben und über jene Kompetenzen verfügen, die für die TEG so wesentlich wären. Von daher wäre es vermutlich angebracht zu hinterfragen, nach welchen Gesichtspunkten der Auswahlprozess erfolgt ist. Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass die der mit der TEG eingeleitete Prozess grundsätzlich zu begrüßen ist. Den 35 Mitgliedern ist ein gutes Gelingen zu wünschen.

Übersicht der berufenen Akteure (für die jeweils konkrete Persönlichkeiten bestimmt wurden):

Die zum Bereich der Wirtschaft zählenden 23 Akteure verteilen sich auf folgende Gruppen:

14 Finanzakteure

  1. AIG Europe – Versicherungsunternehmen mit Zentrale in Großbritannien
  2. Allianz Global Investors – deutsches Versicherungsunternehmen 
  3. BNP Paribas Asset Management – französischer Vermögensverwalter
  4. Borsa Italiana – italienische Börse
  5. Cassa Depositi e Prestiti S.p.A. – italienische Bank
  6. KfW Bankengruppe – deutsche Förderbank
  7. Luxembourg Stock Exchange – luxemburgische Börse
  8. Mirova – französischer Vermögensverwalter
  9. MSCI – US-amerikanischer Finanzdienstleister, repräsentiert in der TEG Index-Provider
  10. Nordea – schwedische Bank
  11. SCOR – französischer Rückversicherer
  12. SEB – schwedische Bank
  13. Swiss Re Ltd – schweizerischer Rückversicherer
  14. Brenda Kramer – Beraterin für Responsible Investment bei PGGM, einem niederländischen Pensionsfonds, und als Einzelperson bestimmt für die Bereiche Pensionfonds und Vermögensverwaltung

5 Verbände 

  1. EACB – European Association of Co-operative Banks 
  2. EFFAS – European Federation of Financial Analysts Societies
  3. Eurelectric – Branchenverband der europäischen Elektrizitätswirtschaft 
  4. ICMA – International Capital Market Association
  5. RICS – Royal Institution of Chartered Surveyors (britischer Berufsverband von Immobilienfachleuten und Immobiliensachverständigen)

2 Unternehmen

  1. EnBW AG – deutsches Energieversorgungsunternehmen
  2. Unilever – niederländisch-britischer Konzern im Verbrauchsgüter-Segment

2 Datenanbieter

  1. Bloomberg – Datenanbieter bzw. US-amerikanisches Medienunternehmen
  2. Thomson Reuters – Datenanbieter bzw. kanadisch-US-amerikanisches Medienunternehmen

Die zur Zivilgesellschaft zählenden sieben Akteure sind:

  1. CDP – Carbon Disclosure Project
  2. Climate Bond Initiative 
  3. Climate KIC – Europe's largest public-private innovation partnership focused on climate innovation to mitigate and adapt to climate change.
  4. Finance Watch
  5. GRI – Global Reporting Initiative
  6. PRI – Principals for Responsible Investment
  7. WWF

Die drei Research- und Beratungsorganisationen:

  1. Carbone 4 – französische Beratungsfirma, die auf die Energiewende und Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel spezialisiert ist
  2. Green Finance Cluster Frankfurt – mittlerweile umgenannt in Sustainable Finance Cluster Germany 
  3. WiseEuropa – polnischer Think Tank zu den Themen Europa- und Außenpolitik sowie Wirtschaft

Zwei Einzelpersonen (zu Brenda Kramer siehe unter Finanzakteure):

  1. Andreas Hoepner – Professor of Operational Risk, Banking & Finance at the Michael Smurfit Graduate Business School and the Lochlann Quinn School of Business of University College Dublin (UCD)
  2. Paolo Masoni – arbeitet seit Jahren an der Entwicklung und Anwendung von Methoden zur Messung der Nachhaltigkeit von Produkten und Technologien, unter anderem als Berater für das italienische Umweltministerium. 

Als Beobachter sind unter anderem Repräsentanten folgender Organisationen benannt worden:

  • Central Banks and Supervisors Network for Greening the Financial System
  • European Central Bank
  • European Environment Agency
  • European Supervisory Authorities
  • Multilateral development banks (such as the European Investment Bank and the European Bank for Reconstruction and Development)
  • Organisation for Economic Co-operation and Development.
  • United Nations Environment Programme Finance Initiative

Weitere Informationen zur TEG unter: https://ec.europa.eu/info/publications/180613-sustainable-finance-teg-members_en

Dossier: Sustainable Finance in Europe

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