download: Defintion und Kommentierung.pdf
CRIC-Definition verantwortlich Investierender
Verantwortlich Investierende reflektieren die finanzielle und ethische Dimension ihrer Investmententscheidungen. Dabei bewerten sie die Handlungsfolgen des Investierens und ihre Motive so, dass sie ethische Ansprüche gegenüber finanziellen priorisieren.
Wer Geld anlegt, betritt den Raum der Moral. Denn Investmenthandlungen können auf Investmentobjekte (z.B. Unternehmen und Staaten) und auf die von der Investmenthandlung Betroffenen wirken. Folglich sind Investierende für die Handlungsfolgen ihres Investierens zumindest mitverantwortlich.
Investments können aber auch gegen die moralischen Prinzipien von Investierenden verstoßen und damit deren Integrität als moralische Person gefährden, selbst wenn die Kapitalüberlassung von Investierenden keine direkten Auswirkungen hat. Denn durch Wertsteigerungen oder laufende Erträge werden Investierende zu Profiteuren von moralisch abzulehnenden Handlungen ihrer Investmentobjekte.
Verantwortlich Investierende legen ihr Kapital gemäß moralischer Standards an, selbst wenn dadurch finanzielle Nachteile - wie etwa eine geringere Rendite oder ein erhöhtes Risiko - zu akzeptieren wären. Damit leisten sie einen Beitrag zum Kulturwandel: Sie erwarten auch von Unternehmen, insbesondere Finanzinstitutionen, und deren Dienstleistungen und Produkten die Einhaltung ethisch-normativer Maßstäbe.
Kommentierung der Definition ethisch Investierender
Wir haben uns bemüht, die Definition möglichst knapp und präzise zu halten. Bei komplexen moralischen Themen wie diesem ist es jedoch hilfreich, eine entsprechende Kommentierung mitzuliefern, um das zu einer definitorischen Essenz Verdichtete verständlicher zu machen.
Bitte klicken Sie auf die nachfolgenden Überschriften um weitere Texte aufzuklappen
Warum eine Definition „verantwortlich Investierender“?
Der Titel der Definition lautet „CRIC-Definition verantwortlich Investierender“. Das hat seinen Grund: während andere Definitionen darauf abzielen zu beschreiben, was ein ethisches oder nachhaltiges Geldanlageprodukt ausmacht und sich damit auf Anlageobjekte beziehen, zielt die CRIC-Definition auf das Anlagesubjekt. Es geht also darum zu klären, welche Eigenschaften für verantwortliche Investorinnen und Investoren charakteristisch sind. Uns erscheint dieser Fokus auf das Anlagesubjekt zentral, weil der Investierende der Ausgangspunkt der Investmententscheidung ist und dessen Investmentziele und -motive bislang von der ethischen Betrachtung nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Herauszuarbeiten, unter welchen Bedingungen man verantwortlich investieren kann und was jemanden zu einem verantwortlichen Investor bzw. zu einer verantwortlichen Investorin machen kann, war das Ziel unserer Definition.Investmenthandlungen können auf Investmentobjekte und auf die von der Investmenthandlung Betroffenen wirken
Auch wenn die Auswirkungen einer Geldanlage auf soziale, ökologische oder kulturelle Bereiche oft nicht oder nur schwer erkennbar sind, auch wenn häufig eine eindeutige und singuläre Kausalität zwischen Ursache und Wirkung nicht oder nur schwer hergestellt werden kann und auch, wenn die Möglichkeit einer exakten Messung solcher Auswirkungen beschränkt ist: in der Regel haben Geldanlageentscheidungen eine direkte oder indirekte Auswirkung auf Gesellschaft und Umwelt. Geldanlageentscheidungen können also eine Wirkung entfalten und damit die Lebenswelt heutiger und zukünftiger Generationen mitgestalten.Deshalb gilt: Investierende sind für die Folgen ihres Investierens zumindest mitverantwortlich
Die konkreten Auswirkungen einer Geldanlage zu benennen erweist sich vor dem Hintergrund der Komplexität wirtschaftlicher Prozesse als eine echte Herausforderung. Dass gegen Menschenrechte verstoßen und die Umwelt zerstört wird, ist häufig das Ergebnis nicht nur einer einzigen Ursache, sondern mehrerer aufeinanderfolgender Entscheidungen und Handlungen. Welcher Anteil der Verantwortung dabei der Geldanlageentscheidung zukommt, ist im Einzelfall zu beurteilen. Doch zumindest eine Mitverantwortung für den Zustand unserer Welt ist Investierenden in den allermeisten Fällen zuzuschreiben.Neben der Verantwortung bezüglich der Folgen einer Investmenthandlung steht auch die Integrität des Investors als moralische Person auf dem Spiel
Für Investierende stellt die Übereinstimmung zwischen ihren Idealen und Werten auf der einen und ihren Investmententscheidungen auf der anderen Seite oft ein hohes Gut dar. Man spricht dann von „moralischer Integrität“. Moralisch integere Menschen, Institutionen und Unternehmen genießen das Vertrauen ihrer Umgebung und Kunden. Der Verlust dieser moralischen Integrität bedeutet oft auch den Verlust dieses Vertrauens, was für Wirtschaftssubjekte existenzbedrohend sein kann.Das bedeutet: verantwortlich handelnde Investorinnen und Investoren priorisieren die ethische Dimension und sind auch bereit, auf mögliche finanzielle Vorteile zu verzichten, wenn dies aus moralischer Sicht zwingend geboten ist
Geldanlagen zielen darauf ab, einen Ertrag zu erzielen. Gleichzeitig ist aber jedes Handeln - und somit auch jede Wirtschafts- und Investitionsentscheidung - eingebettet in einen moralischen Kontext. Sowohl die finanzielle, also auch die ethische Dimension einer Geldanlage sind deshalb für einen verantwortlich agierenden Investor von Bedeutung. Aber nicht nur in jenem Sinne, dass die ethische Dimension neben der finanziellen zu berücksichtigen ist: verantwortlich Investierende zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Konfliktfall auf einen finanziellen Vorteil verzichten, wenn dies aus ethischen Gründen zwingend geboten ist. Sie priorisieren die ethischen gegenüber den finanziellen Ansprüchen, sie bekennen sich zu einem Primat der Ethik. Verantwortlich zu investieren bedeutet nicht von vornherein, auf Rendite verzichten zu müssen. Im Gegenteil: die Erfahrung zeigt, dass die Integration von sozialen, ökologischen oder kulturellen Kriterien in die Geldanlageentscheidung auch ökonomisch sinnvoll sein kann. Verantwortlich Investierende handeln in ethisch herausfordernden Situationen jedoch auch dann gemäß ihrer moralischen Überzeugungen, wenn eine solche Win-win-Situation nicht eindeutig gegeben ist bzw. wenn dabei finanzielle Nachteile entstehen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Erzielen einer Rendite für einige Investierende – zum Beispiel für Versorgungseinrichtungen – ebenso eine moralische Verpflichtung darstellt. Diese gegenläufigen moralischen Ansprüche verantwortungsvoll abzuwägen ist eine besondere Herausforderung. Hier geht es darum, nicht einfach auf vermeintliche Sachzwänge zu verweisen, sondern eine moralische Begründung für sein Handeln zu liefern und diese Begründung gegenüber der Gesellschaft zu verantworten.Verantwortlich Investierenden geht es um mehr als punktuelles Handeln: für die Zukunftsfähigkeit unserer Welt benötigen wir einen Kulturwandel
Unsere wirtschaftliche Praxis ist geprägt von einer Logik des externalisierenden Wachstums: ein beträchtlicher Teil der Kosten wirtschaftlicher Prozesse wird auf Gesellschaft und Umwelt ausgelagert. Trotz der zahlreichen positiven Effekte der Sozialen Marktwirtschaft bedeutet das, dass wirtschaftliches Wachstum auch zu Lasten menschlicher Würde, gesellschaftlicher Entwicklung und ökologischer Zukunftsfähigkeit generiert wird. Eine Internalisierung dieser Kosten ist dringend geboten und bedingt ein Umdenken in vielerlei Hinsicht: einen Kulturwandel. Dieser Kulturwandel erfordert die Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen und zielt auf eine kritische Reflexion der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ebenso wie der herrschenden Wirtschaftsstile und Konsumweisen. Investorinnen und Investoren können einen Beitrag für diesen Kulturwandel leisten, indem sie verantwortlich investieren.