Mit Shareholders for Change (SfC) gibt es seit Ende letzten Jahres ein europäisches Netzwerk für Engagement-Aktivitäten. Zu den Gründungsmitgliedern zählt auch die fair-finance Vorsorgekasse, ein langjähriges CRIC-Mitglied. Anlass genug, mit dem dortigen Verantwortlichen für das Thema Engagement, Mag. Rainer Ladentrog, ein Gespräch über die Hintergründe und Ziele des Netzwerks sowie konkrete Pläne für 2018 zu führen.
CRIC: Herr Mag. Ladentrog, im Dezember 2017 gründete einer Gruppe europäischer institutioneller Investoren, darunter die fair-finance Vorsorgekasse, das neue Netzwerk für Anleger-Engagement SfC. Warum braucht es ein solches Netzwerk bzw. was waren die Motive, diese Organisation ins Leben zu rufen?
Ladentrog: Viele institutionelle Anleger sind bereits Mitglied oder Unterzeichner verschiedener Investoren-Initiativen und Engagement-Partnerschaften, die zum Teil in doch recht komplexen Organisationsformen und bürokratischen Strukturen agieren. Daher war und ist es uns ein Anliegen, unkompliziert und mit schlanken Strukturen gemeinsam zwei bis drei Aktionen pro Jahr umzusetzen und öffentlich machen zu können. SfC versteht sich dabei als Hub, das heißt als Treffpunkt oder Unterstützungsplattform, um Ideen sammeln und Erfahrungen austauschen zu können.
CRIC: Warum hat sich die fair-finance-Vorsorgekasse dazu entschlossen, sich als Gründungsmitglied einzubringen?
Ladentrog: „Wir leben gesellschaftliche Verantwortung.“ So lautet einer der Leitsätze unserer Vorsorgekasse. Als verantwortungsbewusster Investor bedeutet das, sich ganz gezielt einzubringen und aktiv in Unternehmen engagieren, um das Bewusstsein für eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Diesen Austausch mitEmittenten in Abstimmung mit gleichgesinnten nachhaltigen Investoren auf eine europäische Ebene heben zu können, ist eine Chance und tolle Möglichkeit, dem Thema noch mehr Gewicht zu verleihen. Die 22. Milliarden Euro, die von den Mitgliedern des neuen Engagement-Netzwerks verwaltet werden, sollen ein Treiber für eine nachhaltige Entwicklung sein.
CRIC: SfC hat Klimawandel, Arbeitsrechte und Steuergerechtigkeit als die Schwerpunkte seiner Tätigkeit definiert. Gibt es darüber hinaus eine Agenda für 2018 zu bestimmten Themen und Unternehmen?
Ladentrog: Wir haben uns für 2018 als erstes Schwerpunktthema Steuervermeidung vorgenommen, wobei wir bereits an Inditex, eines der größten Textilunternehmen der Welt, herangetreten sind. Neben dem Vorwurf der aggressiven Steuervermeidung haben wir hier die Umweltverschmutzung aufgegriffen, die von den Viskose-Zulieferern in Asien verursacht wird. Für heuer planen wir außerdem ganz konkrete Recherche-Arbeiten in Richtung Steuergerechtigkeit – auch bei anderen europäischen Großunternehmen. Zudem wollen wir bestehende Initiativen europäischer Shareholder und Stakeholder unterstützen.
CRIC: Die Gründungsmitglieder von SfC kommen neben Österreich aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Gerade aber Großbritannien kann auf eine lange und lebendige Engagement-Kultur zurückblicken, in der auch ethisch-nachhaltige Themen einen festen Platz einnehmen. Warum ist gerade aus diesem Land keine Organisation mit dabei? Gibt es zudem Pläne, sich zu vergrößern und den geographischen Einzugsradius auszuweiten?
Ladentrog: Eine Vergrößerung des Netzwerks durch weitere institutionelle Investoren aus Europa, die sich zu unserer Charter of Values bekennen und mit ihr übereinstimmen, ist definitiv eines unserer Ziele für 2018. Daher sind wir beispielsweise in Gesprächen mit möglichen Mitgliedern aus der Schweiz.
Natürlich sind uns auch britische Mitglieder sehr willkommen, wobei erste Kontakte – zumindest in der Gründungsphase – noch nicht zielführend waren. Hier waren einfach Vorbehalte gegen weitere Kooperationen spürbar – schließlich sind die meisten bereits in mehreren Organisationen oder Netzwerken aktiv. Wir sind aber in engem Kontakt mit der Organisation Share Action, die uns eingeladen hat, ihren Mitgliedern über SfC zu berichten.
Vom Brexit unabhängig werden wir jedenfalls weiter auch mit Anlegern aus Großbritannien sprechen, da wir unseren Zusammenschluss als geografisches und nicht als politisches Europa-Netzwerk verstehen.
CRIC: Neben den konkreten Aktivitäten ist bislang auch das institutionelle Setting rund um SfC noch weniger bekannt. Könnten Sie zum Abschluss noch ein paar Worte zur Organisation an sich verlieren, zu den handelnden Personen und den Möglichkeiten, sich über die Aktivitäten des SfC auf dem Laufenden zu halten?
Ladentrog: Sehr gerne. Das Netzwerk befindet sich nach Gründung im Dezember 2017 noch im Aufbau. Wie bereits erwähnt, soll der Schwerpunkt auf der Umsetzung weniger ausgewählter, aber dafür klar fokussierter Engagement-Aktivitäten liegen und vor allem auch auf der Berichterstattung – denn: Was nützen die besten Maßnahmen, wenn niemand davon erfährt? Dabei soll Formelles und Organisatorisches so wenige Ressourcen wie möglich beanspruchen.
Themen wie Governance bzw. der rechtliche Rahmen des Netzwerkes oder die Ausgestaltung der Öffentlichkeitsarbeit sind gerade in Klärung. Es wird aber jedenfalls eine Homepage und einen regelmäßig erscheinenden Newsletter geben. Derzeit koordiniert Mauro Meggiolaro von der Fondazione Finanza Etica die Aktivitäten des Netzwerkes.
CRIC: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Mag. Ladentrog.
Ladentrog: Ich danke ebenfalls für die Möglichkeit, das Netzwerk SfC den CRIC-Mitgliedern vorstellen zu können.
Das Interview führte Gesa Vögele.